Die Schwyzer Fasnacht lebt – und wie! Die Maschgraden und Guuggenmusigen im Talkessel verzückten Hunderte strahlende Kinder und unterhielten Jung und Alt mit Tanzmusik, träfen Sprüchen und intrigantem Gehabe. Die Tradition lebt, zeigt sich kreativ und modern, bleibt aber dennoch fest verwurzelt. Vom Fachkräftemangel sind die meisten Schwyzer Fasnachtsvereine wohl auch deshalb derzeit verschont. Im Gegenteil: Die Anziehungskraft ist ungebrochen, der Nachwuchs trägt die Tradition mit Stolz weiter, und die Expertise der Maschgraden ist beeindruckend.
So sollte auch unser Bildungssystem sein: Ein starkes Fundament, das hält – mit genug Spielraum für Neues. Wer Traditionen pflegt, weiss aber auch, dass ständiges Herumbasteln an bewährten Strukturen die Substanz gefährdet. Dies gilt es im Bildungswesen zu vermeiden.
Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) beschäftigte sich in den vergangenen Monaten mit einer neuen Reform der beruflichen Grundbildung. Die Berner Bildungsbeamten wollten die schriftlichen Schlussprüfungen im allgemeinbildenden Unterricht (ABU) gleich ganz abschaffen. Die Begründung dafür erspare ich Ihnen – sie war etwa so stichhaltig wie die Steiner Präferenz, auf den Fersen zu nüsslen.
Der kräftige Aufschrei aus der Praxis und die zahlreichen negativen Rückmeldungen in der Vernehmlassung wurden vom SBFI zuerst noch gekonnt ignoriert. Erst durch den breiten Widerstand in der national- und ständerätlichen Bildungskommission ist das SBFI inzwischen zurückgerudert. Die schriftliche Abschlussprüfung soll nicht gänzlich abgeschafft werden. So sehr ich die fünfte Jahreszeit schätze – diese Form von Narrenfreiheit hätte ich den Berner Bildungsbeamten nur ungern zugestanden.
Prüfungen sind wichtig – damals, heute und in Zukunft. Auch im Berufsleben muss man zu einem bestimmten Zeitpunkt abliefern. Die Fähigkeit, unter Zeitdruck Leistung zu erbringen, gehört zum Arbeitsalltag. Wer junge Menschen fit für den Beruf machen will, tut ihnen keinen Gefallen, wenn er sie vor jeder Form von Leistungsnachweis bewahrt. Genau deshalb sind die ABU-Schlussprüfungen nicht einfach eine Formalität, sondern eine sinnvolle Vorbereitung auf die Realität – sei es im Büro, auf der Baustelle oder in der Werkstatt. Die Fasnacht zeigt es uns jedes Jahr vor: Auch dort braucht es eine gute Vorbereitung, den Mut, sich zu präsentieren, und die Bereitschaft, sich der Wertung zu stellen – beispielsweise am Preisnüsslen. Das Ganze idealerweise mit Freude und einer gesunden Portion Selbstironie.
Die Schwyzer Fasnacht lebt vom Zusammenspiel aus Tradition und Innovation. Genau so soll auch unsere Berufsbildung bleiben: verlässlich im Kern, offen für Neues – aber bitte ohne permanente Richtungswechsel. Wer Fasnacht kann, kann auch ABU-Prüfung. Beides braucht Herzblut und den Willen, sich zu beweisen.